Schottland
2003 - für die Jungs bereits der achte, für mich der
erste Besuch in Schottland, und dazu auch noch meine allererste
Heldentour. Ich gebe zu - ich war skeptisch. Jahrelang hatte
ich mir die Schwärmerei der Kollegen über dieses Land
angehört, über wildromantische Landschaft, geheimnisvolle
Orte, außergewöhnliche Menschen. Und über den
Zusammenhalt, das Gefühl von Gemeinschaft und Freundschaft,
daß die Gruppe verbindet. Gut,
Letzteres war mir nicht unbekannt, schließlich bin ich
mit den Jungs seit 18 Jahren eng befreundet. Nur hatte sich
eine Teilnahme an der Heldentour nie ergeben, obwohl die Jungs
mich immer wieder fragten, ob ich nicht Lust hätte mitzukommen.
Aber irgendwie kam immer wieder was dazwischen
Jetzt also eine doppelte Premiere: Die
erste Heldentour, und das erste Mal in Schottland. Die Gelegenheit
war günstig: Ich hatte die wohl einmalige Möglichkeit,
mir frei zu nehmen, und mit dem Mopped insgesamt zwei Monate
lang quer durch Europa zu fahren. Es ging durch Frankreich,
Spanien, Portugal - Sonne, Licht Wärme. Und jetzt noch
nach Schottland? Mir kamen Bilder in den Sinn von tiefhängenden
Wolken, düsteren Farben, von rauhem Klima, Wind, Regen,
Kälte. Das alles sollte ich mir wirklich antun, nach
dem herrlichen Sommerwetter im Süden? Aber Absagen ging
nun wirklich nicht, und ich hatte auch Lust darauf, dieses
Land endlich kennen zu lernen.
Ich sollte es nicht eine Sekunde lang bereuen!
Und damit meine ich jetzt noch nicht mal so sehr die Atmosphäre
unter uns Jungs. Daß das toll sein würde war klar.
Denn auch wenn man im Alltag schon mal vergisst, was man an
so alten und guten Freunden hat - daß wir uns prima
verstehen würden, war zu erwarten. Und natürlich
ist es ein absolut unbeschreibliches Gefühl, mit richtig
guten Jungs unterwegs zu sein. Was mich aber wirklich fasziniert
hat - weil ich es so nicht erwartet hatte - ist das Land,
sind die Menschen.
Ich als Sonnenfan hätte niemals gedacht, daß mich
tiefhängende Wolken und rauhes Klima so faszinieren könnten.
Natürlich waren wir zur besten Reisezeit für Schottland
dort. Ende Mai/Anfang Juni bleibt man weitgehend von starken
Regengüssen verschont. Aber das rauhe, das wilde Klima
passt einfach zu diesem Land wie der Deckel auf den Topf.
Niemand, der das noch nicht selbst erlebt hat, wird das verstehen
können. Man muß es wirklich sehen. Es ist phantastisch!
Natürlich gibt es die Highlights, die
in jedem Reiseführer genannt werden: Edinburgh, Eilean-Donan-Castle,
die Highlands, der Whisky. Und es gibt Geheimtipps, wie die
Kneipe "Deacon Brodie´s Tavern" in Edinburgh
-siehe "Reisetipps". Aber das wirkliche Highlight
waren für mich die Menschen! Es ist unbeschreiblich,
wie offen und gastfreundlich die Schotten sind! Egal ob wir
zu Gast bei Freunden waren, die wir mittlerweile dort haben,
ob ein halbes Dorf vorbeischaut, "because the Germans
are here", ob es freundlich winkende Menschen am Straßenrand
sind, oder wildfremde Leute in einer Kneipe in Glasgow - immer
blickt man in offene, freundliche, interessierte Gesichter!
"Wer seid Ihr, wo kommt Ihr her," heißt es,
und dann: "Gut. Lasst uns essen. Vor allem aber: lasst
uns trinken." Und dann wird alles aufgefahren, was die
Vorräte hergeben, und man sollte sich eine gute Grundlage
schaffen. Denn trinkfest und -freudig sind sie alle, die Schotten,
und die Schottinnen stehen ihnen in nichts nach.
Und so bin ich jetzt auch einer von den
Infizierten. Ganz sicher war ich nicht zum letzten Mal in
Schottland! Ich kann nur jedem dringend raten, sich dieses
wunderschöne, geheimnisvolle Land anzuschauen, und seine
Menschen kennen zu lernen. Am Besten geht das sicher abseits
eingefahrener Touristenwege, im Gespräch mit dem Bauern
am Wegesrand, mit der Kellnerin beim allmorgendlichen und
unverzichtbaren "Full size breakfast", oder an irgendeiner
beliebigen schottischen Theke. So ein Abend endet dann auch
schnell schon mal bei einer spontan organisierten Party in
einem schottischen Wohnzimmer. Und selbst wenn wildromantische
Landschaft, faszinierendes Lichtspiel in den Highlands, mystische
Orte und Burgen einen noch nicht beeindruckt haben sollten
- spätestens nach solch einem Abend weiß man, daß
man von dieser Reise noch seinen Enkeln erzählen wird!
Günter "Jünn" Büttgen |