Es
ist der 23. Mai 1991. Es geht los. Wir treffen uns bei Aui
zu hause, um gemeinsam nach „Zeebrügge“ zu
fahren. Wir das sind Tom, Börni, Aui, Tilly, Butz, Hulz,
HW, Kevin, Ferdi und Buba. Ich kann es kaum erwarten, denn
es ist meine erste Heldentour...
Alle sind voll freudiger Erwartung, als
es endlich losgeht. Jedoch die Fahrt nach Zeebrügge ist
langweilig. 230 Km Autobahn von Aachen, über Lüttich
und Brüssel müssen bewältigt werden, sicher
keine große Entfernung, aber bei den Straßen!
Egal, wir haben auf jeden Fall schönes Wetter. Angekommen
an der belgischen Küste checken wir ein und machen unsere
Mopeds im Bauch des Schiffes fest. Da wir Pullmannsitze gebucht
haben (Preis damals, einfache Fahrt 195,00DM), erübrigt
sich die Kabinensuche. Schnell finden wir das Bordrestaurant,
im Fahrpreis ist das Abendessen inbegriffen. Wir futtern bis
der Arzt kommt, denn die Devise lautet „all you can
eat“. Satt geht´s dann in die Disco. Ein Pint
(0.524 Ltr.) nach dem anderen wird geleert (Preis damals 1,75
£.), Zeit haben wir ja genug, die Überfahrt dauert
schließlich von Abends 18.00 Uhr bis Morgens 8.30 Uhr,
also 14,5 Std.
Wir kamen dann auch pünktlich im Nordosten
von England an. „Kingston upon Hull“ war unser
Zielhafen. Unruhig, mit den Hufen scharrend, warten wir dass
wir endlich von Bord kommen, wir wollten ja so schnell wie
möglich nach Schottland, aber es liegen noch über
400 Km englischer Boden vor uns. Nun, die Zollformalitäten
sind erledigt, es kann losgehen, aber Vorsicht, links-fahren
ist angesagt, anfangs etwas ungewohnt, geht´s dann aber.
Bloß raus aus Kingston. Unsere Richtung ist jetzt „York“,
im Mittelalter ein Bollwerk der Engländer gegen die Schotten,
1297 von William Wallace geplündert, haben wir keine
Zeit für eine Besichtigung. Von York weiter auf der A19
nach „Tirsk“, dann nach „Northhallerton“
dann 20 Km auf der A1, bis Abfahrt A66 Richtung „Scotch
Corner“ bei „Penrith“, von dort auf dem
Motorway M6 über „Carlisle“ nach „Gretna
Green“.
Endlich, wir sind da!!!
Das erste Haus in Schottland. Die alte Schmiede von Gretna
Green ist erreicht.
Bis in die 60er Jahren konnten Liebespaare,
die noch nicht volljährig waren, hier, ohne die Erlaubnis
der Eltern heiraten. Kann man auch heute noch, hat aber wohl
nur noch symbolischen Wert. Nachdem wir uns mit den ersten
Stickern eingedeckt haben, schlürfen wir noch Kaffee
und Kakao, ehe es dann Richtung „Glasgow“, auf
der A74 weiter geht. Schnell lassen wir die Großstadt
hinter uns und fahren nach „Alexandria“ am „Loch
Lomond“, wo wir die erste Nacht auf dem Zeltplatz verbringen
wollen. Wir packen also unsere Jurte aus, in der wir alle
Platz haben, stellen aber fest das unser „Aui“
die Hauptstange vergessen hat. Aber egal, es muß halt
improvisiert werden. Nach ein paar Versuchen mit diversen
Ästen klappt dies dann auch. Unser Zelt stand.
Am nächsten Morgen ging´s durch
den „Trossachs National Park“, ein romantisches
Wiesen- und Waldgebiet, durchzogen von Bächen und kleinen
Seen, in Richtung Highlands. Von den Eindrücken rechts
uns links der Straßen überwältigt, machten
wir Pause am „Glen Finnan Monument“, an den Ufern
des „Loch Shiel“. Bonnie Prince Charly versammelte
hier die Clanchiefs 1745, um gegen die Engländer zu Felde
zu ziehen, was dann 1746 vollends in die Hose, bzw. in den
Kilt ging. Nach der ersten geschichtsträchtigen Pause
müssen wir weiter, um die Fähre zur Insel „Skye“
zu bekommen, also auf nach „Mallaig“. 70 Km. Richtung
Westen liegen vor uns, damals ein phantastischer Singletrack,
eine einspurige Straße mit Ausweichplätzen, heute
jedoch eine eher langweilige zweispurige Landstraße.
Angekommen, stellten wir fest, dass die Fähre ausgebucht
war. Was nun? Hungrig diskutierten wir die Lage, beschlossen
dann zurück nach „Fort William“ zu fahren.
Diese Fahrt ging in unsere Analen ein, als die „70 Km
für´n Arsch“. Vorbei an Fort William, kurz
vor „Invergarry“, am „LochCluanie“,
schlagen wir mitten in der Pampa unser Lager auf. Dieser Platz
bekam den Namen „Voodoo-Platz“, weil wir einen
halbverbrannten Teddy-Bär ohne Augen gefunden hatten.
Nachdem wir unsere Vorräte geplündert haben vergeht
die Nacht jedoch ohne besondere Vorkommnisse.
Am nächsten Tag dann „das“
Highlight schlechthin, zumindest aus unserer Sicht, „Eilean
Donan Castle“, berühmt durch seine Fotogenität.
Es liegt auf einem Felssockel im „Loch Duich“.
Richtig bekannt wurde es aber als Zuhause von „Connor
MacLeod“, aus dem Hollywoodfilm „Highlander“.
Es ist der Sitz des Clans der MacCrae, sie waren früher
die Vögte der MacLeod´s. Wir spielten also einige
Szenen nach und machten dann die obligatorische Besichtigung.
Weiter ging es durch „Dornie“, einem kleinen Ort,
nahe der Burg, bis zum „Kyle of Lochalsh“, um
die Fähre zur Insel „Skye“ zu nehmen. Damals
zahlten wir 1,50£, für ca. 10 Min. Überfahrt.
Heute jedoch steht am alten Fähranleger eine moderne
Bogenbrücke, für deren Beutzung man 3,50£
berappen muß. Da Skye nach Meinung der Insulaner keine
richtige Insel mehr ist, gibt es verständlicherweise
zum Teil heftige Proteste. Man wollte keine „Nabelschnur“
zum Festland.
Angekommen in „Kyleakin“ folgt
eine grandiose Inselrundfahrt angefangen im Westen der Insel.
Angekommen in „Dunvegan“, besuchen wir das gleichnamige
Castle, für uns interessant weil es das Stammschloss
der MacLeod´s ist. Dort befindet sich die berühmte
Feenfahne, die magische Kräfte haben soll. Der Sage nach
soll sie den MacLeod´s drei mal in schweren Zeiten helfen,
diese zu überstehen. Zwei mal hat sie es schon getan...
Nun geht es weiter Richtung Norden, zum „Waternishpoint“,
um über „Uig“, an der Ostseite wieder nach
Kyleakin zu kommen. Wieder Fähre. Zurück auf dem
Festland entlang am „Loch Carron“ zum gleichnamigen
Ort. Nach einer Zigipause geht´s durch eine der spektakulärsten
Landschaften Schottlands, zum „Bealach-na Bo“.
626 m ÜNN, liegt der Pass, der über einen Singletrack
zu erreichen ist (gesperrt für LKW und Wohnmobile) Oben
angekommen hat man einen atemberaubenden Blick über die
Insel „Raasay“ und den „Inner Sound“,
immer vorausgesetzt, dass das Wetter mitspielt. Nun folgte
eine Abfahrt, die es in sich hat. Vorsicht - keine Straßenrandabsicherung!!!
Unten angekommen, liegt malerisch, in einer Bucht im Inner
Sound, das Dorf „Apple Cross“, mit seinem sehr
schönen Zeltplatz. Dort übernachteten wir dann auch,
aber nicht ohne ein paar Biere in „Apple Cross Inn“
geschlürft zu haben.
Man kann, wenn man will, dort auch etwas
essen. Der Zeltplatzbesitzer bot damals ein gigantisches „Full
Size Breakfast“ an, heute jedoch nicht mehr. Schade!!!
Am nächsten Morgen starteten wir dann in Richtung Norden,
entlang der zerklüfteten Westküste, die hier sehr
spektakulär ist, auf der A896 nach „Shieldaig“
und „Kinlochewe“. Dann weiter af der A832 über
„Gairloch“ bis zur Einmündung zur A835. Unser
Ziel war „Ullapool“. Dieser Abschnitt, für
den man einen Tag einplanen sollte, raubt einem den Atem,
die irische See nagt hier sehr stark an der Steilküste,
es fehlten uns buchstäblich die Worte. Alle paar Meter
hielten wir an um Fotos zu machen, oder aber man hockte sich
einfach hin, um das Gesehene wirken zu lassen.
Dieser Küstenabschnitt ist so wildromantisch und Sturmumtost,
wie unwirklich! Am Ende des Singletracks liegt die „Corries
Halloch Gorge“, eine ziemlich tiefe Schlucht, mit den
„Falls of Maesach“. Ab jetzt sind es nur noch
20 Km bis Ullapool, dem wichtigsten Fischereihafen von Nordwest
Schottland. Hier kann man zusehen wenn riesige Trawler alle
Arten von Meeresgetier löschen, von dem man leider nichts
abstauben kann, weil der Fang schon verkauft ist. Einen großen
Zeltplatz Gibt es hier. Preiswert, saubere Sanitärs,
direkt am Meer, und ganz wichtig, nur 5 Gehminuten bis zum
Hafen, eine urgemütliche Kneipe, die mittlerweile unsere
Stammkneipe geworden ist, zudem gibt es jede Menge Giftshops
um ordentlich zu shoppen.
Weiter geht es am nächste Morgen von Ullapool nordwestlich
an der Küste entlang, auf der A835 bis „Drumrunie“
und weiter bis „Ledmore“. Dort biegen wir nach
Osten ab auf die A837, und fahren über „Inveran“
und „Bonar Bridge“ nach „Dingwall“.
Übrigens ein nettes, mittelalterlich angehauchtes Städtchen.
Einen schönen Blick auf die Stadt hat man vom etwas höher
gelegenen Friedhof. Von hier aus ist es nur ein Katzensprung
bis zu den „Roogie Falls“, romantischen Wasserfällen.
In Mai und Juni, wenn sie wandern, kann man mit etwas Glück
Lachse springen sehen, hier im moorbraunen Wasser.
Wir steuerten nun „Inverness“
an, die Hauptstadt der Highlands. Noch bevor wir uns unseren
Zeltplatz suchen, schauen wir uns das Schlachtfeld an, auf
dem die schottischen Clans 1746, unter Führung von Bonnie
Prince Charly, ihre vernichtendste Niederlage erlitten: „The
Culloden Battlefields“
Im Juni 1746 standen sich hier zwei Armeen gegenüber.
Die eine bestehend aus schlecht ausgerüsteten Highlandern,
und die andere, die englische, hochgerüstet, motiviert
und zahlenmäßig weit überlegen, unter dem
Kommando vom „Earl of Cumberland“, der später
den Beinamen „Butcher of the Scotts“ bekam. Nun
der Ausgang ist bekannt, in nur einem Vormittag unterlagen
die Schotten. Weitreichende Regressionen waren die Folge.
Die Engländer wollten ein für allemal das Schottenproblem
lösen. Verbot der Sprache (gälisch), Musik, das
Tragen von Tartans (Clanfarben und Karos) und Kilts, der Tiefpunkt
der schottischen Geschichte. Hier standen wir nun. Nachdem
wir alles besichtigt hatten, zogen wir Richtung Zeltplatz
ab, der bei „Invermoriston“ liegt.
Am nächsten morgen war „Lochness“ das erste
Ziel. 20 Km südlich von Inverness gelegen. Das Highlight
am See: „Urquart Castle“.
Eine mächtige Burgruine direkt am Seeufer gelegen, die
auf unsere Erstürmung wartete. Leider war schon jemand
vor uns da. Vorher aber Station gemacht in „Drumadrochit“.
Ein kleiner Ort in dem sich das Nessie“ Museum befindet.
Ein Muss für Nessiefans.
Wir sind zwar keine Nessiefans, haben es aber dennoch besucht.
Dann wieder zurück nach Inverness, auf der A96 weiter
nach Osten, nach „Elgin“, wo wir die berühmte
Kathedrale besichtigten, die durch Brandschatzung vom „Wolf
of Bladnoch“ ein Raub der Flammen wurde. Heute sind
die noch vorhandenen Reste sehr schön restauriert.
Weiter ging es nun in Richtung „Dufftown“, der
„Whiskyhauptstadt“ Schottlands. Die Dufftowner
sagen über ihre Stadt: „Rome was built on seven
Hills, but Dufftown on seven Stills“.
Wir besuchten dann unsere erste Distille, „Glenlivet“
sollte es sein. Nachdem wie den Rundgang absolviert hatten,
der sehr zu empfehlen ist, ging es ans verkosten. Lecker,
und das um 10.00 Uhr morgens. Leicht angetüdelt nutzten
wir den restlichen Tag um gemütlich über „Braemar“
und „Devils Elbow“ nach „Pitlochy“
zu kommen, wo wir die Nacht verbrachten.
Morgens war dann wieder ein Tasting angesagt,
diesmal in der kleinsten Destillerie von Schottland, in „Edradour“.
Damals eine noch unabhängige Destillerie, heute im Besitz
von „Signatory“, einem der größten
privaten Abfüller des Landes.
Nach dem Whiskyfrühstück ging es weiter der A9 nach
in südlicher Richtung bis „Perth“, dort stand
ein Besuch im ehrwürdigen Museum der „Black Watch“
an. Diese Einheit, die schon fast überall auf der Welt
für die britische Krone gekämpft hat, ist weltberühmt.
Das Museum ist vollgestopft mit Orden, Waffen und Beutestücken,
sowie Uniformen und allerlei Militaria. Genau wie Stirling
war auch einst Perth schottische Hauptstadt.
„Edinburgh“, die jetzige Hauptstadt war unser
nächstes Ziel. Die Wochenenden hier sind legendär.
Was für eine Pubkultur! Nachdem wir „Edinburgh
Castle“ besucht hatten fingen wir mit unserem mittlerweile
Lieblingspub dem „Deacon Brodie´s“ an. Der
liegt unterhalb der Burg, am „Lownmarket“. Nach
ein paar Pints ging es dann runter zum „Grassmarket“,
dem ehemaligen Hinrichtungsplatz von Edinburgh, auf dem noch
bis ins 19te Jhdt. ein Galgen stand.
Hier gibt ein ein Pub neben dem anderen. Wieder einer unserer
Lieblings- Pubs befindet sich hier „The last Drop“.
Aber Vorsicht, nachdem alle Pubs ca. um Mitternacht geschlossen
werden gibt für mind. zwei Std. kein einziges Taxi! Also
etwas früher mit dem Feiern aufhören, oder länger
warten!!!
Nach einer brillianten Freitagnacht, von einem Pub in den
Anderen, ging es dann über die A720, A7 und die A60 zurück
nach Gretna Green, um dann auf dem Motorway M1-M25-M6 nach
Süden Richtung London zu fahren. Unser Zeltplatz war
ziemlich außerhalb Londons, in „Hackney“.
Einen netten Samstagabend hatten wir aber trotzdem!!!
Auf dem M2-A2 ging es dann von London nach Dover wo wir noch
die Fähre nach Ostende nehmen mussten.
Tja Leute mein Fazit und meine Erfahrungen,
auf meiner ersten Heldentour sind hier nur schwer zu beschreiben,
aber Freunde die ich ja schon vorher hatte, habe ich auf dieser
Reise mehr schätzen und lieben gelernt. Das wichtigste
aber war aber, dass mich der Virus „Heldentour“
bis heute nicht mehr losgelassen hat.
Euer „BUTZ“
Willi Butz Cüsters
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